Filmpreis

Der Werner Herzog Filmpreis 2023 geht an
PATIENT #1 von Rezo Gigineishvili

Die Werner Herzog Stiftung verleiht einmal jährlich den mit 5.000 Euro dotierten Werner Herzog Filmpreis. Der Preis kann an Spielfilme, Dokumentarfilme, an einen Filmemacher, Schauspieler oder an Personen jeder Nationalität vergeben werden, die mit Mut, Entschlossenheit und Visionen im und um den Film herum arbeiten. Es gibt keine Anmeldevorschriften und keinen Wettbewerb.

Der Filmpreis 2023 der Werner Herzog Stiftung wird verliehen an

PATIENT #1 von Rezo Gigineishvili

v.l.n.r.: Archil Gelovani (Produzent), Rezo Gigineishvili (Regisseur), Werner Herzog, Sergey Yahontov (Produzent)

Das Ende des Sovietimperiums. Der Generalsekretär liegt in der Regierungsklinik. Er ist alt und gebrechlich, hat aber die Macht noch fest im Griff. "Die Macht wird nur genommen, niemals weggegeben" wiederholt er. Und die Situation ist vorteilhaft sowohl für die Eliten als auch für den Geheimdienst - während der "Körper" noch lebt sichern sich verschiedene Gruppen ihre politischen Vorteile. Der Generalsekretär ist "zum Tode verurteilt". Eine junge Krankenschwester, Sasha, betreut ihn. Klein, verletzlich und unsichtbar trägt sie die schwere Last der Verantwortung für das Leben des ersten Mannes im Staat. Währenddessen führt der alte Mann einen Krieg in Afghanistan, hat Kontrolle über den Nuklearknopf und kann die gesamte Welt mit ihm ins Grab ziehen.

Werner Herzog sagt zur Zuerkennung des Preises:

Wie sein vorheriger Film HOSTAGES aus dem Jahr 2017, handelt sein neuer Film vom Zerfall eines gesamten politischen Systems, ohne dabei je didaktisch zu sein. HOSTAGES handelt von einer Flugzeugentführung am Ende der Sowjet-Ära in Georgien, wo eine kleine Gruppe von jungen Leuten versucht, der Repression und der Lüge der Spätzeit der Sowjetunion durch eine Flugzeugentführung zu entfliehen, die katastrophal endet.

PATIENT 1 ist radikaler, inszeniert wie eine Farce. Die Ereignisse sind im Detail belegt: innerhalb von etwas mehr als drei Jahren sterben drei Regierungschefs der Sowjetunion, Breschnew, Andropow und Tschernenko. Tschernenko wurde bereits sterbenskrank vom Politbüro zum Regierungschef ernannt. Seine letzten Tage im Krankenhaus werden aus der Perspektive einer Krankenschwester erzählt, die eigens für diese Aufgabe ausgewählt wird, ihn zu pflegen.

Im Detail bekommen wir als Zuschauer mit, wie – um eine reguläre Wahlteilnahme des Vorsitzenden vorzutäuschen - in seinem Krankenzimmer ein „Wahllokal“ errichtet wird, als Theaterkulisse sozusagen für einen Sterbenden, der aber intensiv trainiert werden muss, um für die Fernsehkameras des Staatsfernsehens ein gutes Dutzend Schritte frei zur Urne zu schreiten. Erst dann stützen ihn hilfreiche Hände des Geheimdienstes, um aufrecht stehen zu bleiben. Als sich der Patient eines Tage besser fühlt, und sofort im Kreml seine Führungstätigkeit wiederaufnehmen will, wird er kurzerhand in einen Krankenwagen verfrachtet, der so lange im Park der Klinik im Kreis fährt, bis der Patient wieder das Bewusstsein verloren hat.

Rezo Gigineishvili’s Film zeigt, nur im Detail sichtbar gemacht, die letzte Krise und den bevorstehenden Zusammenbruch eines gesamten Imperiums. Sein Ansatz ist mutig, radikal. Man möchte lachen, aber man kann es nicht, und man möchte weinen, aber das geht auch nicht.

Die Preisverleihung mit anschließender Vorführung des Films findet am
Freitag, 6. Oktober um 19 Uhr im Filmmuseum München, St.-Jakobs-Platz, 1 statt.
Rezo Gigineishvili und Werner Herzog werden nach der Filmvorführung ein Gespräch auf der Bühne führen.

Begrenzter Kartenverkauf.